4. Sparkasse Kiel Lauf 2006

So, 10.09.06
Ich

Länge/Zeit: 21,10 km, 1:31:48 h, 4:21 min/km
Profil/Wetter: teils eben, teils Steigungen; teils heiter, teils wolkig
Strecke: Zweimal eine Kieler Innenstadtrunde.

Es gibt Leute, die behaupten, wenn man eine Trainingspause macht, könnte man danach erst recht Bestzeiten laufen. Weil der Körper sich erholt und so weiter. Alles Quark. Wenn man nicht (ausreichend) trainiert, wird man schlechter. Das konnte ich während des Kiel-Laufs demonstrieren. Als Saisonziel hatte ich mir eine Verbesserung meiner HM-Bestzeit vorgenommen (bislang: 1:28:01 h). Im Juni hätte ich so ungefähr mit dem Training anfangen müssen. Aber dann meldete sich mein Adduktorenansatz. Das lähmte mich im Juni und Juli. Nur langsame Läufe waren möglich. Im August habe ich dann zweimal ein Tempotraining hingekriegt, wurde dann aber krank mit Fieber und allem, was dazu gehört (in der drittletzten und vorletzten Woche). In der letzten Woche war ich zwar wieder gesund, aber das reicht eben nicht. An eine Verbesserung der Bestzeit war nicht mehr zu denken. Neues Zeitziel: 1:35 h.

Eins motivierte immerhin: Sabrina Mockenhaupt lief auch mit. Das ist eine quirlige, witzige Läuferin, und schnell ist sie auch. Leider ist es Sitte beim Kiel-Lauf, jede Menge Kenianerinnen und Kenianer aufzufahren, so daß deutsche Läufer keine Chance haben. Frau Mockenhaupt wurde daher mit einer Zeit von etwa 1:14 h nur Sechste - nach fünf Kenianerinnen.

Beim Kiel-Lauf muß man für den Halbmarathon zwei Runden zurücklegen. Es geht vom Rathausplatz aus startend an der Kieler Förde entlang Richtung Norden und dann über Kösterallee, Niemannsweg und Beselerallee, Olshausenstraße und Hansastraße in die Schillerstraße und die Fleethörn herunter wieder zum Rathausplatz. So eine Runde ist zunächst flach, dann zäh ansteigend, um schließlich wieder steil über 500 m gen Rathausplatz abzufallen. Für einen norddeutschen Stadtkurs ist die Strecke erstaunlich anspruchsvoll, auch wenn natürlich süddeutsche Bergläufer darüber lachen werden.

Sabrina Mockenhaupt
Das Wetter und überhaupt alle übrigen Bedingungen waren fantastisch, die Organisation wie gewohnt professionell, und wie immer hatte ich den besonderen Vorteil, mein Dienstzimmer zum Umziehen zu nutzen, da der Lauf unmittelbar vor meinem Dienstort (dem Kieler Rathaus) startet. Sehr bequem. Das Zimmer ist dabei gar nicht einmal so wichtig, aber der ungestörte Zugang zu einem schön wenig frequentierten Klo.

Das erste Mal in diesem Jahr gab es Pacemaker. Läufer, die einen Ballon mit Zeiten für 1:25 h, 1:30 h, 1:40 h und 1:50 h (und 2:00 h?) über sich schweben hatten und hinten auf dem Rücken ein Schild mit entsprechender Beschriftung. Nach dem Startschuß orientierte ich mich zunächst an dem 1:30-h-Pacemaker. Das war zu Beginn einfach. Aber etwa bei km 4 überholte mich plötzlich eine ganze Horde, der Ballonträger vorneweg. Dabei wurde ich gar nicht langsamer! Offenbar hatte auch der Pacemaker mitbekommen, daß Kilometerzeiten um 4:15 min auf den ersten Kilometern beim Kiel-Lauf riskant sind. Denn wie auch im letzten Jahr ging es zunächst flach am Hindenburgufer längs, ehe es ca. nach fünf Kilometern einen zähen Anstieg gibt, der über 3 km die Kösterallee hinauf über den Niemannsweg, die Beselerallee bis zur Olshausenstraße führt. Auf diesem Stück verliert man ohnehin an Geschwindigkeit, die man daher auf dem ersten Stück zugeben muß.

An ein Einholen des Pacemakers war nicht zu denken. Ich war einfach zu schlecht. Also versuchte ich, mich so durchzuschummeln. Die erste Runde hatte ich in etwa 45 Minuten absolviert. Gar nicht schlecht. Aber diese Zwischenzeit kriegte ich nur durch verantwortungsloses Hackengas die Fleethörn runter hin. Das ist die abfallende Strecke ab km 10 bis ca. km 10,5, also der Halbzeit des Halbmarathons. Eine Scheinblüte, denn danach galt es wieder, wirklich zu laufen. Und das ging in der zweiten Runde zunächst nicht ganz so gut. Etwa bei Kilometer 14 erwischte mich kurzfristig ein Runner's High. Ich lief wie Hermes persönlich, mit Flügeln an den Füßen und allem, was dazugehört. Aber die Steigung an der Kösterallee unterbrach das schnell. Danach war es ein einziger Kampf, zumal noch die Oberschenkelmuskeln am rechten Bein zu schmerzen begannen. Nicht schlimm, und immerhin keine Sehnen, aber doch unangenehm.

Ich kämpfte aber durchaus mit Begeisterung. Da der letzte Wettkampf im Juni war, war mein Kampfgeist nämlich wieder auf ein durchaus respektables Maß gewachsen. Und ich mag diesen Lauf einfach. So schaffte ich immerhin eine Endzeit von 1:31:48 h, was nach der jammervollen Vorgeschichte eine recht ordentliche Zeit war. Wenn auch weit entfernt von meinem Saisonziel. Aber es gibt ja auch noch ein nächstes Jahr.

Im Ziel gab es eine Medaille, und dann stopfte ich mich mit Wassermelonenscheiben (und stillem Mineralwasser) voll. Es war ja doch ganz schön anstrengend.

Nach dem Lauf wurde das Wetter noch schöner. Die Sonne kam hervor. Die Siegerehrung erlebten wir daher bei herrlichem Kieler Wetter: leichter Wind, warm, blauer Himmel. So muß es sein. Nur die schönen Marathonreisen, die verlost wurden, nach London, New York und Berlin, die gewannen andere.

Wichtig ist natürlich, seinen eigenen Namen in den Kieler Nachrichten zu finden. Freundlicherweise druckt diese Lokalzeitung alle Halbmarathonfinisher mit Zeiten unter 1:45 h ab. So auch mich und meine Zeit, und das ist mal eine angenehme Gelegenheit, in der Zeitung zu stehen (sonst vermeide ich es lieber).

Etwas Statistik:

Den Halbmarathon gewann Moses Kipkosgei Kigen in einer Zeit von 1:02:52 h. Der beste Nichtkenianer war Oleg Rantzow (9. Platz, 1:11:00 h). Bei den Frauen gewann Mary Ptikany in 1:10:13 h, beste Nichtkenianerin war Sabrina Mockenhaupt (6. Platz, 1:14:04 h). Den Halbmarathon haben 1.368 Läuferinnen und Läufer beendet (1.075 Männer und 293 Frauen). Die "mittlerste" Zeit war 1:48:25 h bei den Männern und 2:00:15 h bei den Frauen. Meine eigene Plazierung: Platz 125 insgesamt, Platz 115 bei den Männern, Platz 10 der Altersklasse M45.

Den 10,5-km-Volkslauf gewann wie immer Stefan Uliczka in 34:23 min bei den Männern und Katharina Nüser in 41:26 min bei den Frauen. Es gab 1.694 Finisher (1.029 Männer, 664 Frauen).