km 1: 4:20 min
km 2: 4:13 min (8:33 min)
km 3: 4:40 min (13:13 min)
km 4: 4:24 min (17:37 min)
km 5: 4:26 min (22:03 min)
km 6: 4:25 min (26:28 min)
km 7: 4:43 min (31:11 min)
km 8: 4:30 min (35:41 min)
km 9: 4:20 min (40:01 min)
km 10: 4:22 min (44:23 min)
Profil/Wetter: teils heiter, teils wolkig, trocken, warm
Strecke: Von den Flintbeker Sportanlagen am Eiderkamp 5 km nach Süden und wieder zurück.
Beim Alsterlauf in Hamburg laufen Tausende. Am Start gibt es treibende Musik, ein T-Shirt ist im Preis inbegriffen, und viele der Läufer sehen seltsam aus: Dicke, Hochtechnisierte, schick Bekleidete - alles, was sich bei Läufen herumtreibt, die sich als Event gerieren. Wer das nicht will, läuft in Flintbek.
Der Flintbeklauf ist alles, bloß kein Event. Die Idee ist, daß man ohne viel Schnickschnack losläuft, ankommt, Kuchen frißt und wieder geht. Abgesehen von wenigen verstreuten Walkerinnen sind alle Läufer Zausel (nach der Definition von Frau Schmitt), und wenn sie keine Zausel sind, werden sie es bald oder könnten es sein, wenn sie männlich wären. Sie sind rücksichtsvoll und hilfsbereit und vor allem da, um zu laufen. Nach Frau Schmitt gehört auch dazu, daß sie gerne mal säuerlich riechen. Ob sie das tun, kann ich nicht überprüfen, weil meine Nase seit meinem vierten Lebensjahr nicht ordentlich funktioniert.
Die Hauptstrecke des Flintbeklaufs ist die 10-Meilen-Strecke. Daneben gibt es noch 10 km und 5 km. Da ich wegen meines Bandscheibenvorfalls sehr kurz treten muß, habe ich mir nur die 10 km vornehmen können. Das ist eine Wendepunktstrecke von den Sportanlagen am Eiderkamp nach Süden am Bahndamm längs und dann einen landschaftlich schönen Feldweg rein, um ein ein Meter hohes Bäumchen herum und dann wieder zurück.
In diesem Zusammenhang muß ich dringend die Ausschilderung der Kilometer erwähnen. Irgendwas kann daran nicht stimmen. Die 10-Meilen-Strecke ist am Anfang und am Ende identisch mit der 10-km-Strecke. Da 10 englische Meilen 16,09 km lang sind (das gilt auch für US-Meilen), hätte das heißen müssen, daß die Kilometerausschilderung für die 10-Meilen-Läufer und die 10-km-Läufer auf den letzten gemeinsamen Kilometern nur 90 Meter auseinanderstehen. Tatsächlich vergingen aber 2 Minuten und 48 Sekunden zwischen dem 15-km-Schild und dem 9-km-Schild. In dieser Zeit kann ich 90 Meter weder laufen noch gehen; da wäre es einfacher, mich hinzulegen und die wenigen Meter einfach zu wachsen. Ich glaube, die 10-Meilen-Läufer wurden systematisch um ungefähr 500 Meter betrogen, und das erklärt auch die relativ bescheidenen Siegerzeiten. Als 10-km-Läufer machte es durchaus Vergnügen, über die Diskrepanz nachzudenken; als 10-Meilen-Läufer wäre ich deutlich mißmutiger gewesen.
Gewarnt durch den letztwöchigen Firmenlauf wußte ich: meine Zeiten aus dem letzten Jahr über 10 km (40:19 min) kann ich vergessen. Dazu war ich viel zu kurz wieder im Training: erst seit drei Wochen laufe ich wieder. Unter 45 Minuten wäre schön, müßte aber auch locker zu schaffen sein. Die ersten beiden Kilometer, noch auf Asphalt, sahen gut aus. Aber dann kamen völlig überflüssige Anstiege. Wir laufen ja im Prinzip neben einem Bahndamm her, wieso muß es da immer auf und ab gehen? Und dann bog noch der Läufer, den ich zu meiner Lokomotive erklärt hatte, nach rechts ab, um sich den 10 Meilen hinzugeben. Mit einem Mal kam ich mir einsam vor. Denn obwohl der Sprecher vor dem Start von einem Melderekord von 240 Läufern gesprochen hat, waren gefühlt nur 50 auf der Strecke. 240 - das muß die Zahl aller sein, die irgendwie Startgeld bezahlt hatten, also auch die 5-km-Läufer und die Walkerinnen.
Der 16. Juni 2007 ist der erste Tag der Kieler Woche. Das ist ein schlechtes Omen, denn typischerweise beginnt dann in Kiel und der Umgebung eine Schlechtwetterperiode. So auch diesmal, aber gerade während der Zeit des Laufs, so ab 15:30 Uhr, wurde es kurzfristig fast schon sonnig. Aber Läufer sind mit nichts zufrieden, und ich schon gar nicht: es war nicht nur sonnig, es war heiß. Es war diese feuchte Hitze, die ohne Sonne auskommt, und den Schweiß von außen auf die Haut aufbringt - egal, ob man sich bewegt oder nicht. Widerlich.
Langsam lief ich an einen Läufer in einem roten T-Shirt heran. Ich selbst hatte ein schwarzes T-Shirt an. Extra für Wettkämpfe hatte ich mir bei www.spreadshirt.net ein knallrotes Funktionsshirt bedrucken lassen: Neongelb konnte man auf Vorder- und Rückseite "Thomas" lesen, darunter "Bitte jubeln" bzw. "Bitte weiterjubeln". Und als Service für alle, die ich überhole, auch noch auf der Rückseite meinen Geburtsjahrgang - damit die Opfer wissen, ob es sich noch lohnt zu kämpfen, oder ich ohnehin in einer anderen Altersklasse laufe. Das sollte eigentlich jeder Läufer machen, finde ich. Sonst ist man darauf angewiesen, anhand Glatzengröße und Hautzustand abzuschätzen, ob der Vorläufer noch eingesammelt werden muß oder ob man in Ruhe auslaufen kann.
Aber Flintbek ist ein Zausellauf, und da trägt man traurigfarbene T-Shirts. Zugelassene Aufdrucke sind Logos von Sportgeschäften (vorzugsweise Zippels) und Namen von Läufen, an denen man teilgenommen hat (z. B. "Kiel-Lauf"). Deshalb hatte ich in der Umkleidekabine hektisch das schon übergestreifte rote T-Shirt wieder ausgezogen. Und deshalb näherte ich mich dem Rothemd im schwarzen Kiel-Lauf-2005-T-Shirt.
Ganz erreichen konnte ich ihn leider nicht. Er war zu gut. Am Ende trennten uns 24 Sekunden, eine ganze Welt bei einem 10-km-Lauf, ein einziger Platz in Flintbek. Auf dem Rückweg machten mich die Steigungen wirklich fertig. Ich merkte in den Oberschenkeln, wie meine Muskeln überhaupt nicht damit einverstanden waren, was ich da gerade machte. Schließlich reichte es mit 44:23 min zu einer Zeit, die für die Umstände angemessen war - aber natürlich weit weg von meiner Bestzeit über diese Strecke.
Hinterher gab es keine Medaille, überhaupt nichts Schönes, Nutzloses - bis auf Kuchen, und den, wie es sich gehört: gut und reichlich und preiswert. Die Duschen waren übrigens warm. Meine war brüllend heiß, bis ich entdeckte, daß man den Druckknopf, der das Wasser für einige Sekunden fließen ließ, auch drehen konnte.
Das hört sich alles vielleicht ein bißchen negativ an. Aber das ist nicht so gemeint. Wie mein Chef sagen würde: "Das Kind schielt nicht, es soll so kucken." Der Flintbeklauf ist ein Lauf für Läufer und nicht für Wellness-Sportler und Event-Hopper. Nächstes Jahr will ich die 10 Meilen mitlaufen. Vorher werde ich die Strecke aber mit Magic Maps nachmessen, damit ich sie wenigstens in meinem Lauftagebuch mit der richtigen Länge eintragen kann.
Am Schluß fuhr ich mit meinem "Bitte jubeln"-T-Shirt noch per Fahrrad zurück nach Kiel. Es jubelte aber keiner.
Nachtrag: Den 10-km-Lauf gewann Karsten Jansen in 39:29 min; die beste Frau war Elvira Schiefelbein in 44:46 min. An dem Lauf nahmen 45 Männer und 20 Frauen teil. Ich wurde Siebter und Erster meiner Altersklasse (von 10 Männern). Den 10-Meilen-Lauf gewann Peter Börner in 1:06:25 h; beste Frau war Petra Thoms in 1:19 h. Insgesamt gab es 67 Teilnehmer, davon 14 Frauen. Der 5-km-Lauf fand auch statt.