14. famila-Kiel-Marathon 2008

23. Februar 2008

km 1: 4:26 min
km 2: 4:12 min
km 3: 4:17 min
km 4: 4:18 min
km 5: 4:18 min
km 6: 4:17 min
km 7: 4:17 min
km 8: 4:20 min
km 9: 4:18 min
km 10: 4:13 min
km 11: 4:13 min
km 12: 4:19 min
km 13: 4:16 min
km 14: 4:23 min
km 15: 4:32 min
km 16: 4:18 min
km 17: 4:09 min
km 18: 4:16 min
km 19: 4:22 min
km 20: 4:27 min
km 21: 4:06 min
km 21,1: 0:20 (4:06 min/km)

Gesamt (netto): 1:30:36 h

Länge/Zeit: 21,10 km, 1:30:51 h (netto: 1:30:36 h), 4:18 min/km
Profil/Wetter: eben; sonnig, kühl, trocken
Strecke: Zweimal am Hindenburgufer auf und ab.

Blöder Lauf, dieser Kiel-Marathon. Wie kann man sich dafür nur anmelden?

Am Vortag war das Wetter grauenhaft. Gefühlt Windstärke 13 auf der zwölfteiligen Beaufort-Skala, Regenschleier wurden übers Land und durch die Stadt geweht, und es wurde überhaupt nicht hell. Dies irae, dies illae... Ich sah es mit klammheimlichen Vergnügen, denn ich wähnte eine gute Entschuldigung heranrobben, die mich am Morgen des heutigen Tages in den Stand versetzen würde, mit treuherzigem Augenaufschlag zu sagen: Ich wäre ja so gerne gelaufen, aber ich bin ein alter Mann, und das Wetter - Ihr habt da sicher Verständnis.

Tatsächlich besaß die Sonne allerdings die Dreistigkeit, relativ ergiebig zu scheinen. Sie schien ziemlich exakt vom Aufstehen bis zum Ende des Laufs. Das Wetter war großartig: Nicht zu warm, nicht zu kalt, nicht allzu windig (Kiel ist nun mal keine Windstillstadt), und sonnig eben. Danach wurde das Wetter wieder schlechter, aber da war alles schon vorbei.

Ich hatte also keine Entschuldigung. Und ich wußte auch, daß es niemanden interessieren wird, daß ich vor diesem Halbmarathon überhaupt keine Lust zum Tempotraining hatte und daher einen der am schlechtesten vorbereiteten Wettkämpfe überhaupt laufen würde. Und es würde höchstens Hohngelächter produzieren, wenn ich vor mich hingenölt hätte, daß ich auch gerade zu diesem Halbmarathon keine Lust hatte. Denn es galt, das Hindenburgufer zweimal auf und ab zu laufen. Jede Strecke sind gut fünf Kilometer. Viermal stumpfsinnig das Gleiche laufen. Gähn. Seufz. Warum hatte ich mich bloß angemeldet? Ach ja, wegen des Quartuells in www.laufen-aktuell.de. Da zählen nur 10-km-Strecken, Halbmarathons und Marathons. Wäre ich also 10,5 km gelaufen, hätte das Ergebnis keine Punkte gebracht - sind ja keine 10 km. So eine blödsinnige Überlegung - bei meiner augenblicklichen Form kann ich mir trotz kompatibler Strecke jede Punktesammelei abschminken.

Mißmutig stand ich um 6:30 Uhr auf (viel zu früh fürs Wochenende), fraß vier Toasts mit Honig, trank mir schön einen halben Liter Caro-Kaffee (100% Gerstenmalz, nicht den normalen Caro), tüdelte herum und fuhr mit dem Fahrrad zum Startort, dem Ostseekai-Terminal. Endlich mal was Positives: Keine großartige Anreise, einfach aufs Fahrrad, und in einer Viertelstunde ist man bei der Startnummernausgabe.

Das Ostseekai-Terminal
Das Terminal am Ostseekai ist ein riesiger Raum. In diesem Raum macht man alles, auch sich Umziehen. Man muß sich das so vorstellen: viele, viele Läufer in verschiedenen Bekleidungszuständen, daneben Messestände, Startnummernausgaben und Kloschlangen. FrauSchmitt würde das nicht gefallen - keine Geschlechtertrennung, keine Kabinen, gar nichts. Mir persönlich ist das allerdings völlig egal. Ich war mit meinen Gedanken (wie wohl die meisten Läufer) sowieso nicht bei der Blöße meiner Nachbarn (und Nachbarinnen), sondern bei der von mir einzuschlagenden Lauftaktik. Nach langem Nachdenken kam ich zu folgendem Ergebnis: Nicht zu schnell. Meine Ausdauer müßte ganz ordentlich sein, weil ich ansprechend viele Kilometer gelaufen bin (und das gern), aber da ich überhaupt kein Tempotraining gemacht hatte, mußte ich gewaltig abspecken und entschied mich, auf 1:35 h zu laufen. Und das war schon ein anspruchsvolles Ziel.

Ich hatte zwar keine Lust, aber das Wetter war großartig. Was heißt "aber"? Besser wäre "und". Ich hatte keine Lust, und das Wetter war großartig, was mich daran erinnerte, daß ich statt eines blöden Halbmarathons auch 25 km durch Wälder und Felder hätte laufen können. Aber ich hatte das Startgeld gezahlt, also wird gewettgekämpft. Immerhin hatte ich meinen Garmin Forerunner 205 mit. Ich brauchte mich daher nicht auf Kilometerschilder und Zwischenzeiten zu konzentrieren; der Garmin führt in solchen Situationen brav Protokoll und informiert mich jederzeit über den - vermutlich deprimierenden - Zwischenstand.

Start des 10,5-km-Laufs
Start: Kein Politiker, der noch irgendwelche überflüssigen Sentenzen los wird, sondern nur der Vereinsvorsitzende, der ersichtlich keine Lust hat, mehr zu sagen als "Viel Spaß und loslaufen auf 0: 10, 9, 8..." Ein sympathischer Mensch, ganz meine Wellenlänge. An dieser Rede sollten sich alle anderen Veranstalter ein Beispiel nehmen.

Obwohl die Strecke eigentlich ziemlich öde ist, war der Lauf komplett ausgebucht. Schon Wochen vorher war kein Startplatz mehr zu bekommen. Dementsprechend groß war das Startgedränge. Machte mir aber nichts, denn ich war ohnehin auf "langsam" programmiert. Ich zockelte gemütlich dahin.

Und zockelte weiter. Es lief sich eigentlich ganz angenehm. Die Sonne schien, die Schiffe waren nette Blickfänge, das Wasser glitzerte und es war hübsch, die sonnenangestrahlten Häuser und später das Düsternbrooker Gehölz auf der Landseite der Laufstrecke zu sehen. Kiel kann sehr schön sein. Dieses Nicht-so-schnell-Laufen hat den offensichtlichen Vorteil, daß man sich nicht so anstrengt. Ja, ich begann Geschmack am Lauf zu finden. So bei km 3 fühlte ich mich wie der König der Welt. Es war gerade die richtige Mischung aus Anstrengung, Adrenalin, einem gerade mal wieder schmerzfreien Körper, funktionierenden Muskeln und Sehnen, genau das, was eine der Hauptfreuden beim Laufen ausmacht. Ich fing sogar vorsichtig an, meine Tempovorgabe (4:30 min/km - das würde für knapp 1:35 h reichen) zu verlassen, und zwar in die richtige Richtung. Auch 4:20 min/km funktionierte recht unproblematisch. Aber es war ja noch eine Menge an Strecke zu bekämpfen.

Kurz vor der Wende im Norden der Strecke wurde es unangenehm. Es ging ein kleines bißchen aufwärts (die Strecke ist grundsätzlich potteben, mit nur einer superkleinen Steigung: da nämlich). Unangenehmer als diese Pseudosteigung war der Wind, der mit einem Mal ganz empfindlich in meine Heldenbrust blies, so daß ich mich energisch dagegen stemmen mußte. Nach einem Kilometer war auch das geschafft, und die Belohnung war: leicht abwärts mit Rückenwind. Das gibt Mut.

Februar - und die blendende Sonne ist ein Problem.
Foto von Foto-Team Müller
So ging es weiter, und langsam erwuchs in mir die Hoffnung, durchaus deutlich unter 1:35 h landen zu können. Ja, sogar 1:30 h winkte in der Ferne. Unterschreiten würde ich diese Zeit sicher nicht, dazu hatte ich am Anfang zu lange gebummelt, aber doch freundlich in die Nähe, das war nicht mehr so ausgeschlossen, wie am Anfang. Bei km 10,5 passiert man den Punkt, wo man als Kurzstreckenläufer schon in den Zielkanal hätte einbiegen und Schluß machen können. Aber das war gar nicht so schlecht, weiter zu laufen: es lief so gut. Und vor allem verschwanden die ganzen Massen, die bisweilen doch recht hinderlich auf der Strecke waren. Es gab da so ein paar enge Stellen, wo ich mir manchmal wünschte, zumindest die Walker wegblasen zu können (natürlich nicht Martinwalkt und Kollegen, sondern diejenigen, die 2 Stunden für 10 km brauchen und zu mehr als zweit nebeneinander schleichen).

Nach der zweiten Nordwende (ca. km 14,5) wurde das Wohlgefühl immer empfindlicher gestört: die Müdigkeit erhob ihr häßliches Haupt. Meine Muskeln teilten mir mit, daß es anstrengend wurde. Ich suchte nach einem Zugpferd. Das ist eine bewährte Taktik, wenn man gerade ein Tief hat: Suche einen Läufer, der einigermaßen solide und gleichmäßig läuft, lauf hinterher, verlier ihn nicht, und denke an nichts. Meistens ist nach einem Kilometer trüben Trabens alles wieder gut, und Du kannst heldenhaft an ihm vorbeiziehen. Oder ihn mitziehen, wenn er will. Ich fand auch einen. Der hatte allerdings einen Nachteil: er lief zwar gleichmäßig, aber nur gleichmäßig bezogen auf die erste Ableitung seiner Geschwindigkeitskurve. Mit anderen Worten: er wurde gleichmäßig langsamer.

Da kam etwa bei km 16 von hinten ein muskulöser Mittelgroßer mit bundesdeutschen Farben auf dem ansonsten weißen Trikot. Junge, war der schnell. Mich kann doch keiner so einfach überholen! Nicht bei km 16 eines Halbmarathons, da sind die wesentlichen Platzkämpfe gelaufen oder sollten es zumindest sein. Jedenfalls verlieren will ich dann keinen Platz mehr. Also habe ich alles zusammengenommen, was noch da war, und bin hinter ihm her. Das führte zu einem Kilometer in 4:08 min, der zweitschnellste des ganzen Laufs. Auch danach habe ich noch eifrig gekämpft, um ihn immerhin nicht aus der Sichtweite zu verlieren. Deswegen mußte ich auch den letzten Kilometer ganz gegen meine Gewohnheit extraschnell laufen (4:06 min). Ich landete zwar knapp hinter ihm, aber das machte nichts, denn wichtiger war meine Endzeit: 1:30:36 h netto (1:30:51 h brutto). Boah! Das war schon fast gut. Angesichts meiner Vorbereitung war es geradezu großartig. Ich sehe der kommenden Saison mit Optimismus entgegen.

Hochzufrieden versorgte ich mich mit warmem Tee und alkoholfreiem Paulaner Weizenbier (sehr lecker!) und zog mich in dem Riesenraum des Ostseekai-Terminals um. Diesmal war die überall zu spürende Erschöpfung das beste Mittel gegen Blößenspäher. Das Terminal ist leider nicht nur kabinenfrei, sondern auch duschfrei. Es gibt allerdings einen gut funktionierenden Shuttleservice zu den Duschen in der Lessinghalle, so daß das kein echter Nachteil ist. Aber ich mußte aus familiären Gründen direkt nach Hause und beschloß daher, dort zu duschen.

Prima Lauf, dieser Kiel-Marathon. Einen Marathon halte ich nach wie vor für überzogen - ich stelle es mir schrecklich vor, bei km 32 an der Abzweigung vorbeizulaufen, die ins Ziel führt. Aber ein Halbmarathon geht durchaus noch. Nächstes Jahr werde ich, wenn mein Körper mitspielt, wieder mitlaufen, vermutlich aber wieder die 10,5 km.